Wer ist Pirandello? Eine der wenigen Konstanten in Pirandellos Werk besteht ja eben darin, die Idee einer einheitlichen, “wahren”, zu allen Zeiten gleichen Persönlichkeit radikal in Frage zu stellen, gerade auch, was das eigene Ich betrifft:
“Ach, Sie glauben, Konstruktion hätte nur mit Gebäuden zu tun? Ich konstruiere mich andauernd, und ich konstruiere Sie, und Sie tun dasselbe. Und die Konstruktion hält so lange, bis das Material unserer Gefühle zerbröckelt und der Zement unseres Willens zerfällt. […] Es genügt, daß der Wille ein wenig schwankt und sich die Gefühle in einem Punkt wandeln, ja auch nur geringfügig verändern, und dahin ist unsere Wirklichkeit!” ( Einer, keiner, hunderttausend, 1925)

ARTIKEL
- Gedanken zu Pirandellos späten Novellen
von Michael Rössner. «Die Kontrolle der Vernunft und die Unterordnung unter die sozial geprägte Rolle wird aufgehoben, nicht nur für die Protagonisten, sondern vor allem für die Perspektive der narrativen Vermittlung, und das Ergebnis ist eine seltsame Vermischung von Traum und Wirklichkeit, von den Sphären…
- Wie man Pirandello liest (auch ohne ihn zu verstehen)
von Luigi Lunari. Überlegungen zum Werk des Dramatikers, aber aus einer ungewöhnlichen Perspektive, nur um sich nicht zu wiederholen… Ein Text von Pirandello korrekt zu lesen, bedeutet, ihn in einer ‘theatrale Zeit’ zu lesen: etwa zur Zeit, die die Schauspieler benötigen, um ihn aufzuführen. Wie…
- Pirandello – Eine kurze Biografie
von Sara Maria Collura. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Die Werke Pirandellos können keiner literarischen Strömung seiner Zeit zugeordnet werden. Seine politischen Ideen wurden von Bergson und dessen Essay über das Lachen beeinflusst, in dem der Philosoph argumentiert, dass Ironie eine Distanz zur Realität darstellt,…
- die Novellen von Pirandello
«Die Novelle ist eine kurze Erzählform mit einer soliden literarischen Tradition, die im Laufe der Jahrhunderte eine außergewöhnliche Vitalität bewiesen hat. Sie ist im Wesentlichen fließend und offen für neue Inhalte und nimmt stilistisch veränderte Formen an. Sie wusste sich den wechselnden Geschmäckern, den Veränderungen…
- Pirandello in Deutschland
Der sizilianische Nobelpreisträger Luigi Pirandello (1867-1936) ist hierzulande zwar als Klassiker der Moderne bekannt und sogar in dem Adjektiv “pirandellianisch” oder “pirandellesk” im – wenigstens intellektuellen – Sprachgebrauch präsent, er ist aber immer nur sehr selektiv gelesen worden, einfach deshalb, weil es nie eine einigermaßen…
- Die Konkurrenz der Wirklichkeiten in Pirandellos Theatertrilogie
««« Pirandello auf Deutsch Ulrich Schulz-Buschhaus Die Konkurrenz der Wirklichkeiten in Pirandellos Theatertrilogie Original-PDF http://gams.uni-graz.at/fedora/get/o:usb-06C-339/bdef:FOtoPDF/get Pirandello mag für den Theaterbesucher und vielleicht mehr noch für den Leser ein faszinierender Autor sein; für den literaturwissenschaftlichen Interpreten hat sich sein Werk dagegen von Anfang an als ein…
- Die Überbrückung der Rampe als, Übergang der Kunst in das Leben
“Pirandello suchte nach einem Modell, in dem er seine privaten Erfahrungen ausdrücken und distanzieren konnte; aber es schien keine Möglichkeit zu geben, die authentische Lebenserfahrung in die gewohnte Bühnenform zu übersetzen, ohne sie zugleich zu verraten. Leben schien nicht Kunst werden zu können, es war…
- Dreimal Meta-Pirandello: La giara als Novelle, Einakter und Spielfilm
Ungeachtet der verschiedenen Gesetze, de-nen die jeweiligen Zeichensysteme unterliegen, lassen sich jedoch gleichermaßen die Novellen Pirandellos wie deren Adaption als Erzähltexte beschreiben. Denn be-kanntlich übernimmt ja im Spielfilm das Kameraauge die Funktion der narrativen In-stanz , die sich in den literarischen Ausgangstexten sprachlich konstituiert. »»» …
- Pirandello und die deutsche “Kultur”
Die Tatsache, dass der Sizilianer Pirandello im Spätherbst in den beginnenden rheinischen Karneval geriet, führt also dazu, dass der 22jährige Pirandello erkennt, dass das eingelernte System der Dekodierung sozialen Verhaltens nicht allgemein gültig ist (obwohl auch das wilhelminische Deutschland wohl nicht gerade als ein Reich…
NOVELLEN
- Antwort – 1922
«Weißt du, woher diese Illusion stammt, lieber Freund? Nun, einfach daher, daß wir alle guten Glaubens davon überzeugt sind, in jeder unserer Handlungen wären wir stets ganz präsent; aber leider ist dem nicht so. Das merken wir freilich nur, wenn wir durch irgend einen unglückseligen…
- Auswirkungen eines unterbrochenen Traums – 1936
«Ich konnte keinen Augenblick länger in dem Haus bleiben. Ich weiß nicht mehr, wie ich es geschafft habe mich anzuziehen. Von Zeit zu Zeit habe ich mich mit einem Gefühl des Horrors, das Sie sich gut ausmalen können, umgewandt, um verstohlen diese Augen zu betrachten.…
- Bitterwasser – 1905
«Mein lieber Herr, die Frau ist ganz im Gegenteil genauso wie wir, aber sie kann es weder zeigen noch aussprechen, denn sie weiß vor allen Dingen, daß es ihr die Gesellschaft nicht gestattet und ihr als Schuld anrechnen würde, was sie dagegen beim Mann ganz…
- Cinci – 1932
«Jetzt mag er nicht mehr weitergehen, Cinci ist müde und hat es satt. Er läßt sich auf der Mauer links neben der Straße nieder und betrachtet von dort aus die Larve des Mondes, die sich eben beginnt, mit einem blassen Gold zu beleben, inmitten des…
- Da lacht doch jemand – 1936
«Aber ist denn da nun wirklich dieser jemand, der immer noch weiterlacht, trotz des Raunens, das sich nun schon eine ganze Weile durch die Versammlung schlängelt? Wer ist es? Wo ist er? Den muß man doch aufspüren, ihn an der Brust packen, ihn gegen die…
- Das ist doch nichts ernstes – 1910
«Perazzetti war alles andere als ein vulgärer Mensch; im Gegenteil, er behauptete stets, eine hohe Meinung von der Menschheit zu haben, von all dem, was die Menschheit, trotz des ursprünglichen Viehs in ihr, zu leisten vermocht hatte. Aber Perazzetti vermochte andererseits auch nicht völlig zu…
- Das wartende zimmer – 1916
«Sie wissen es nun sehr gut, daß die Wirklichkeit nicht davon abhängt, ob ein Körper da ist oder nicht. Der Körper kann da sein und dennoch für die Wirklichkeit, die Sie ihm gegeben haben, gestorben sein. Was das Leben ausmacht, ist also bloß die Wirklichkeit,…
- Der Freudensprung – 1913
« – Wo dann das ganze wertvolle Zeug hinkommt, das wir transportieren, das, siehst du, das habe ich noch nicht herausfinden können. Aber ich habe so einen gewissen Zweifel, daß die Menschen das selbst auch nicht so genau wissen, und damit tröste ich mich.» In…
- Der getauschte Sohn – 1902
«Es war daher klar, dass die “Frauen” in der Nacht in Longos Haus eingedrungen waren und ihr Kind ausgetauscht hatten, indem sie das schöne Kind genommen und ihr ein hässliches hinterlassen hatten, um ihr zum Trotz zu sein. Uh, sie haben die armen Mütter oft…
- Der großen Verblichenen – 1909
«So würde also nicht einmal für die der Regierung nahestehenden Blätter sein Tod eine “regelrechte Staatstrauer” bedeuten. Aber jedenfalls würde er für alle ein “großer Verblichener” sein, das wohl, ohne jeden Zweifel. Und alle würden sein “viel zu frühes Heimgehen” bedauern, durch das er “aus…
- Der Hauch – 1934
«Und man erfuhr tatsächlich davon. Am Morgen danach waren alle Zeitungen voll von der Sache. Die Stadt erwachte unter dem Druck des gräßlichen Alptraums einer Epidemie, gegen die es keine Rettung gab, und die wie ein Blitz aus heiterem Himmel ausgebrochen war. Neunhundertsechzehn Tote in…
- Der Kater ein Distelfink und die Sterne – 1917
«Im Käfig, der zwischen den Vorhängen am Fensterkreuz hing, hielt er sich nur des Nachts auf und tagsüber in den kurzen Augenblicken, in denen er seine Hirsekörner aufpickte und mit vielen koketten Verbeugungen ein Tröpfchen Wasser trank. Mit einem Wort, der Käfig war sein Königspalast…
- Der Nagel – 1936
«Dieser Nagel lag dort, mitten auf der ausgestorbenen Straße, und er stach dort so sehr ins Auge, daß er in unwiderstehlicher Weise nicht bloß den Blick, sondern auch die Hand des zufällig Vorübergehenden anzog, der sich gezwungen sah, sich herabzubeugen, um ihn aufzuheben, ohne zu…
- Der Tod am Leib – 1918
«In der Morgenkühle können Sie den Weg zu Fuß machen. Das erste Grasbüschel am Wiesenrand: zählen Sie seine Halme für mich. So viele Halme es sind,. so viele Tage habe ich noch zu leben. Aber suchen Sie ein recht dickes aus, ja? Gute Nacht, mein…
- Dialoge zwischen dem Großen Ich und dem kleinen ich – 1895/1906
«Freilich ist es ein Glück, meine ich, daß wir nicht gezwungen sind, unsere Zeit zum Broterwerb zu verwenden.. Obwohl, andererseits, wer weiß, ob wir da nicht weniger unglücklich gewesen wären, hätte das Schicksal dich gezwungen, aus deinem Tisch im Arbeitszimmer statt einer Alchimistenwerkstatt, in der…
- Die Amme – 1903
«Als sie an jenem Tag die Türglocke hörte und aus dem Läuten zu entnehmen meinte, es wäre der Briefträger, da war sie ganz fröhlich öffnen gegangen, wie üblich. Aber plötzlich, ohne daß sie auch nur Zeit gefunden hätte, darauf zu achten, wem sie da geöffnet…
- Die drei lieben Mädchen – 1894
«Ehe wir sie verurteilen, möchte ich doch bitten, daß wir versuchen, einmal, so gut es uns gelingt, das Für und Wider abzuwägen, ohne uns jener Worte zu bedienen, die wie die Augustfliegen sofort bereit sind, sich auf jede Träne und auf jede Speilache (ich bitte…
- Die Falle – 1912
«Du kannst dir nicht vorstellen, welchen Haß mir die Dinge einflößen, die ich sehe, und die mit mir in der Falle dieser meiner Zeit gefangen sind; all die Dinge, die mit mir nach und nach zu Ende sterben! Haß und Mitleid zugleich! Aber mehr Haß…
- Die Pensionäre der Erinnerung – 1914
«Dort im Sarg, da spielen sie noch schön die Toten. Vielleicht sind sie ja auch wirklich tot, für sich selbst, versteht sich. Aber für mich nicht, bitte glaubt mir das! Wenn für euch alles erledigt ist, dann ist für mich gar nichts erledigt. Denn mit…
- Die Vernichtung der Menschen – 1921
«Den Menschen. Nicht einen von vielen, sondern alle in diesem einen; um an diesem einen sich für die vielen zu rächen, die er dort sah, kleine Tiere, die lebten, um zu leben, ohne zu wissen, daß sie lebten, es sei denn um dieses bißchen willen,…
- Die Wirklichkeit des Traums – 1914
«Das war’s: sie hatte ihn im Traum betrogen. Betrogen hatte sie ihn, und sie empfand keine Reue darüber, nein, bloß einen ungeheueren Zorn über sich, daß sie besiegt worden war, und eine Wut, Wut gegen ihn, auch deshalb, weil es ihm in sechs Jahren Ehe…
- Eine Stimme – 1904
«Sie packte ihre Sachen zusammen, und am Vortag des Tages, an dem er das Krankenhaus verlassen sollte, reiste sie heimlich ab, um wenigstens in seiner Erinnerung eine Stimme zu bleiben, die er nun vielleicht, da er jetzt aus seinem Dunkel herausgetreten war, auf vielen Lippen…
- Erledigen wir das, damit wir den Gedanken aus dem Kopf haben – 1910
«Sie glaubten, er hätte kein Herz, weil er nicht weinte. Aber zeigt denn das Weinen die Intensität eines Schmerzes? Es zeigt doch nur die Schwäche dessen, der leidet. Wer weint, will den anderen zeigen, daß er weint, will sie rühren oder bittet um Trost und…
- Im Wirbel – 1913
«”Nein! Was denn für Gewissensbisse? Man braucht doch keine Gewissensbisse zu haben, wenn man den Fehltritt nicht gewollt hat… Das kannst du nicht verstehen! So wie auch ich es nicht verstehen könnte, wenn ich nicht bei der Überlegung, was mit deinem Mann geschehen ist, an…
- Lucilla (nun, da sie sich’s mit den Nonnen verdorben hat) – 1932
«Lucilla beginnt zu zittern; sie möchte am liebsten davonlaufen; aber da springt die Türe auf; rohe, betrunkene Landmänner, in groben Samt gekleidet, mit Gamaschen und Sporen an den Beinen; tierische, rot angelaufene Gesichter, brüllend, schwankend, die Pranken nach ihr ausstreckend; sie ziehen sie hinein, mitten…
- Nacht – 1912
«Die frische, angenehme, von so vielen Sternen durchlöcherte Dunkelheit am Meer hüllte ihre Trauer ein, ließ sie sich in der Nacht auflösen und mit diesen Sternen pulsieren, und langsam, leicht, in monotonem Rhythmus mit diesen Wellen auf den stillen Strand schlagen. Die Sterne, fragten nach…
- Nichts – 1922
«Das Laboratorium der Apotheke hat eine niedrige Decke und ist ganz von Regalen eingefaßt. Die Luft ist verpestet vom Geruch der Medizinen. Ein schmutziges Öllämpchen, das vor einem Heiligenbild auf dem Regal gegenüber der Türe angezündet ist, scheint nicht einmal sich selbst Licht geben zu…
- Schubkarrenfahren – 1917
«Ich laufe zu ihr hin, zu der Hündin, die auf dem Teppich schläft; langsam und mit Anmut ergreife ich ihre beiden Hinterpfoten und fahre mit ihr Schubkarren; ich lasse sie acht oder zehn Schritte, nicht mehr, auf den Vorderpfoten allein gehen, während ich sie an…
- Sieg der Ameisen – 1936
«Es waren winzig kleine Ameisen, unglaublich leicht, dünn, zart und rosig, so daß ein einziger Atemhauch mehr als hundert von ihnen verblasen konnte; aber auf der Stelle kamen andere hundert von allen Seiten herbei; und was für eine Geschäftigkeit sie entwickelten; welche Ordnung in der…
- Singt-die-Episte – 1911
«Den Glauben kann man aus hunderttausend verschiedenen Gründen verlieren. Und im allgemeinen ist der, der den Glauben verliert, überzeugt – wenigstens im ersten Augenblick – daß er dafür etwas gewonnen hat; wenn schon nichts anderes, so wenigstens die Freiheit, gewisse Dinge zu tun und zu…
- Von der Nase in den Himmell – 1907
«Das Klosterwäldchen lag am westlichen Abhang des Berges, dicht und undurchdringlich. Wäldchen war eigentlich gar kein Ausdruck: Alle diese Roßkastanien waren zwar dünn geblieben, hatten aber mittlerweile recht hohe, gerade Stämme angesetzt, die wie Nadeln aufragten: ein ausgewachsener Wald. “Klosterwäldchen” hieß es, weil auf einer…
- Wer war es? – 1896
«Die Via Flaminia breitete sich kerzengerade vor mir aus, schlammig, da und dort von Laternen erhellt, deren Licht von Zeit zu Zeit flackerte und bei Windstößen für einen Augenblick verlöschte. Derselbe Wind beutelte in meinem Rücken die dichtbelaubten Bäume der Villa Borghese, auf die der…
Dank Giuseppe Tizza für die freundliche Zusammenarbeit
Giuseppe Tizza, Dolmetscher und Übersetzer, Am Gallberg 4, 40629 – Dusseldorf
Telefonische Multikonferenz
Mobil 0039 375 620 2511 – pinotizza@gmail.com
Si ringrazia Giuseppe Tizza per la gentile collaborazione
Giuseppe Tizza, Interprete e Traduttore, Am Gallberg 4, 40629 – Dusseldorf
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Cell. 0039 375 620 2511 – pinotizza@gmail.com
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