In Italiano – Non è una cosa seria (1910)
aus dem Italie Erstveröffentlichung im Corriere della Sera vom 7. Januar 1910. Keine wesentlichen Varianten bekannt – die in Beffe della morte e della vita II (Florenz, 1903) veröffentlichte Novelle “La Signora Speranza” unterscheidet sich im Inhalt doch beträchtlich. Ähnliches gilt für das eher dieser Novelle nachgebildete Theaterstück Ma non è una cosa seria – “Aber das ist doch nichts Ernstes” von 1918 – siehe Bd.?
aus dem Italienischen von Michael Rössner
Das ist doch nichts ernstes
Perazzetti? Nein. Der war nun wirklich eine Rasse für sich. Da sprach er manchmal todernst, als wäre er nicht er selbst, den Blick auf seine langen, gekrümmten Fingernägel gerichtet, die er mit allergrößter Sorgfalt pflegte.
Und freilich: dann, auf einmal, ohne ersichtlichen Grund… wie eine Ente, jawohl, ganz genau so! Er brach in so gewisse Lachanfälle aus, die hörten sich an wie das Schnattern einer Ente; und darin erklang ein Plätschern, genauso wie eine Ente im Wasser.
Viele wollten gerade in diesen Lachanfällen den schlagendsten Beweis für Perazzettis Wahnsinn sehen. Wenn er sich so mit Tränen in den Augen wand, pflegten seine Freunde zu fragen: “Aber warum denn?”
Und er antwortete: “Nichts. Ich kann es euch nicht sagen.”
Wenn man einen so lachen sieht, ohne daß er den Grund dafür verraten will, dann macht einen das schon etwas stutzig, man bleibt zurück mit so einem gewissen dummen Gesicht und einer gereizten Empfindung im Körper, die bei den sogenannten “Nervenbündeln” leicht zu einer wilden Erregung und zu dem Wunsch werden kann, dem anderen das Gesicht zu zerkratzen.
Da sie ihm das Gesicht nicht zerkratzen konnten, pflegten sich die sogenannten “Nervenbündel” (die heutzutage immer häufiger werden) wütend zu schütteln und sagten über Perazzetti: “Der ist verrückt!”
Hätte Perazzetti ihnen jedoch den Grund dieses entenartigen Lachanfalls verraten… Aber er konnte ihn oft nicht nennen, nein, wirklich, er konnte es nicht tun.
Er hatte nämlich eine äußerst bewegliche und unerhört launenreiche Phantasie, die sich beim Anblick anderer Leute damit vergnügte, ihm in seinem Inneren, ohne daß er es gewollt hätte, die ausgefallensten Bilder und das Aufblitzen überaus komischer, unbeschreiblicher Ansichten vor Augen zu führen; ihm mit einem Mal gewisse seltsame, versteckte Analogien zu enthüllen, ihm ganz unvorhergesehenermaßen so groteske und komische Kontraste vorzuführen, daß er das Gelächter einfach nicht mehr zurückhalten konnte.
Wie hätte er anderen das augenblickliche Spiel dieser flüchtigen, nicht einmal gedachten Bilder erklären sollen?
Perazzeti wußte sehr gut, aus eigener Erfahrung, wie sehr bei jedem Menschen der Grund seines Wesens sich von den trügerischen Auslegungen unterscheidet, die jeder spontan oder aufgrund einer unbewußten Täuschung davon gibt, aufgrund des Bedürfnisses, uns für andere zu halten oder für andere gehalten zu werden, als wir tatsächlich sind, oder aufgrund der Nachahmung anderer, oder auch einfach aus Not und sozialem Zwang.
Über diesen Grund des Wesens hatte er besondere Studien angestellt. Er nannte ihn “die Höhle des Viehs”. Und er meinte damit das ursprüngliche Tier in jedem von uns, versteckt unter so vielen Schichten des Bewußtseins, die nach und nach im Lauf der Jahre darüber gewachsen sind.
Der Mensch, pflegte Perazzeti zu sagen, wird, wenn man ihn an dieser oder jener Schicht des Bewußtseins anrührt, kitzelt, mit Verbeugungen antworten, mit Lächeln, er wird die Hand ausstrecken, Guten Morgen oder Guten Abend sagen, vielleicht auch dem anderen hundert Lire leihen; aber wehe, man stochert da unten herum, in der Höhle des Viehs: Da kommt dann der Dieb heraus, der Schuft, der Mörder. Allerdings muß man zugeben, daß nach so vielen Jahrhunderten der Zivilisiertheit einige in ihrer Höhle nun schon ein allzu gedemütigtes, degeneriertes Vieh mit sich herumtragen: ein Schwein etwa, das jeden Abend einen Rosenkranz betet.
Im Wirtshaus studierte Perazzeti die gebremste Ungeduld der Gäste. Nach außen hin Wohlerzogenheit; drinnen wollte der Esel seinen Hafer, aber schnell. Und er unterhielt sich königlich, wenn er sich all die verschiedenen Tierarten ausmalte, die in den Höhlen seiner Bekannten verkrochen waren: dieser hatte sicherlich drinnen einen Ameisenhaufen, jener ein Stachelschwein, der dritte dort einen Truthahn, und so fort.
Häufig hatten jedoch Perazzettis Lachanfälle einen, sagen wir, konstanteren Grund. Und der ließ sich nun wirklich nicht so einfach vor allen ausbreiten; wenn überhaupt, könnte man ihn höchstens dem einen oder anderen ins Ohr flüstern. Wenn man ihn so im Vertrauen erfuhr, dann, das versichere ich Ihnen, dann bewirkte er unvermeidlich den allerlärmendsten Lachanfall. Einmal vertraute er ihn einem Freund an, bei dem ihm daran lag, nicht als verrückt zu gelten.
Ich kann ihn euch nicht laut nennen; ich kann ihn gerade eben andeuten; ihr werdet versuchen, ihn solcherart zu erhaschen, denn, wenn er laut ausgesprochen würde, bestünde die Gefahr, daß das ganze als vulgär empfunden würde, und das ist es nun wirklich nicht.
Perazzetti war alles andere als ein vulgärer Mensch; im Gegenteil, er behauptete stets, eine hohe Meinung von der Menschheit zu haben, von all dem, was die Menschheit, trotz des ursprünglichen Viehs in ihr, zu leisten vermocht hatte. Aber Perazzetti vermochte andererseits auch nicht völlig zu vergessen, daß der Mensch, der imstande war, so viele schöne Dinge zu schaffen, doch auch ein Vieh ist, das frißt, und das infolgedessen gezwungen ist, tagtäglich gewissen intimen natürlichen Bedürfnissen Genüge zu tun, die ihm sicherlich keine besondere Ehre einlegen.
Wenn er einen armen Mann, eine arme Frau, in einer demütigen und unterwürfigen Haltung sah, dann dachte Perazzetti nicht im geringsten daran; aber wenn er dagegen gewisse Frauen sah, die sich den Anschein von Gemütstiefe gaben, gewisse aufgeblasene Männer, die vor Stolz geradezu barsten, dann löste das in ihm sofort das Bild dieser intimen natürlichen Bedürfnisse aus, denen auch diese Leute zwangsläufig Tag für Tag gehorchen mußten; er sah sie bei dieser Verrichtung und brach in ein unaufhaltsames Lachen aus.
Es gab keinen Adel eines Mannes und keine Schönheit einer Frau, die sich vor dieser Katastrophe in der Vorstellung Perazzettis zu retten vermocht hätten; im Gegenteil, je ätherischer und idealer eine Frau ihm erschien, je würdevoller und ernster ein Mann, desto eher drängte sich ihm plötzlich dieses verdammte Bild auf.
Nun denkt euch einmal, mit dieser Schwäche, Perazzetti als Verliebten.
Und er verliebte sich tatsächlich, der Unglückselige, er verliebte sich mit einer erschreckenden Leichtigkeit! Er dachte an nichts mehr, versteht sich, er hörte auf, er selbst zu sein, kaum daß er sich verliebt hatte; er wurde sofort ein ganz anderer, wurde der Perazzetti, den die anderen sich wünschten, so, wie ihn sich die Frau zu formen wünschte, der er in die Hände gefallen war, aber nicht nur das, auch so, wie ihn sich die zukünftigen Schwiegereltern, die zukünftigen Schwäger, ja sogar die Hausfreunde der Braut zu formen wünschten.
Er war wenigstens zwanzigmal verlobt gewesen. Und man konnte bersten vor lachen, wenn er die vielen Perazzettis beschrieb, die er solcherart schon einmal gewesen war, einer dümmer und idiotischer als der andere: der des Papageis der Schwiegermutter, der der Fixsterne der kleinen Schwägerin, der der Bohnen des Freundes von wer weiß ich wem.
Wenn die Glut der Flamme, die ihn sozusagen in den Zusatand der Schmelze versetzt hatte, sich abzuschwächen begann, dann fand er sich allmählich in seiner gewohnten Form wieder und begann sich wieder seiner selbst bewußt zu werden; dann gewann er auch das Bewußtsein seiner selbst zurück, empfand zunächst Staunen und Verblüffung bei der Betrachtung der Form, die man ihm gegeben, der Rolle, die man ihn spielen lassen, des Zustandes der Verblödung, in den man ihn versetzt hatte; und als er dann die Frau, die Schwiegermutter, den Schwiegervater ansah, dann begannen die schrecklichen Lachanfälle von neuem, und er mußte davonlaufen – es gab keinen Ausweg – er mußte davonlaufen.
Das Schlimme war nur, daß man ihn dann nicht mehr laufen lassen wollte. Er war ja ein besonders netter junger Mann, dieser Perazzetti, wohlhabend und außerordentlich sympathisch: mit einem Wort, das, was man eben eine beneidenswerte Partie nennt.
Die Dramen, die er bei seinen zwanzig und mehr Verlöbnissen durchlebt hatte, würden, wenn man sie in einem von ihm erzählten Buch sammelte, wohl eine der erheiterndsten Lektüren unserer Tage abgeben. Aber was für die Leser Motiv des Gelächters wäre, das waren doch leider ursprünglich Tränen, echte Tränen für den armen Perazzetti, und Zorn und Beklemmung und Verzweiflung.
Jedes Mal versprach er, schwor er heilige Eide, er würde nicht mehr rückfällig werden; er nahm sich vor, sich ein heldenhaftes, unerhörtes Mittel auszudenken, das ihn vor amourösen Rückfällen bewahren sollte. Ach was! Die Rückfälle kamen immer schon kurze Zeit später, und sie waren meist ärger als das Mal zuvor.
Eines Tages schließlich schlug wie eine Bombe die Nachricht ein, daß er sich verheiratet hätte. Und er hatte niemand geringeren geheiratet als… Aber nein, das wollte anfangs nun wirklich keiner glauben! Verrücktheiten hatte Perazzetti ja wirklich jede Menge begangen; aber daß er so weit gehen würde, sich für das ganze Leben an eine Frau wie die da zu binden…
Sich zu binden? Wenn dieses Wort einem der vielen Freunde, die ihn zu Hause besuchten, entschlüpfte, dann war es ein Wunder, wenn Perazzetti ihn nicht gleich auffraß.
“Sich binden? Was heißt da sich binden? Wieso denn sich binden? Hohlköpfe, Idioten, Volltrottel seid ihr alle miteinander! Sich binden? Wer spricht denn davon? Hast du das Gefühl, ich wäre gebunden? Na komm, hier herein… Das ist doch mein gewohntes Bett, ja oder nein? Glaubst du vielleicht, das wäre ein Ehebett? He, Celestino! Celestino!”
Celestino war sein alter treuer Diener.
“Sag einmal Celestino: Komme ich nicht jeden Abend allein hierher zum Schlafen?”
“Ja, gnädiger Herr, allein.”
“Jeden Abend?”
“Jeden Abend.”
“Wo speise ich?”
“Dort drüben.”
“Mit wem speise ich?”
“Allein.”
“Kochst du mir das Essen?”
“Jawohl, ich, gnädiger Herr.”
“Und bin ich immer noch derselbe Perazzetti?”
“Immer noch derselbe, freilich, gnädiger Herr.”
Sobald er den Diener nach diesem Verhör wieder fortgeschickt hatte, schloß Perazzetti, die Arme ausbreitend:
“Somit…”
“Somit ist es nicht wahr?”, fragte der andere.
“Aber natürlich ist es wahr! Ganz und gar wahr!” antwortete Perazzetti. Ich habe sie geheiratet! In der Kirche hab ich sie geheiratet und vor dem Standesamt auch! Aber was tut das schon? Hast du den Eindruck, daß das was Ernstes ist?”
“Nein, im Gegenteil, das ist vollkommen lächerlich.”
“Na eben!”, schloß Perazzetti von neuem. “Dann rück mir doch endlich von der Pelle! Habt ihr noch nicht genug hinter meinem Rücken über mich zu lachen gehabt? Tot wolltet ihr mich haben, was? Ständig die Schlinge um den Hals gelegt? Nein, Schluß, Schluß, meine Lieben! Jetzt hab ich mich für immer davon befreit! Da hat es diesen letzten Wirbelsturm gebraucht, dem ich nur wie durch ein Wunder lebend entkommen bin.”
Der letzte Wirbelsturm, auf den Perazzetti anspielte, war seine Verlobung mit der Tochter eines Sektionschefs im Finanzministerium, des Commendatore Vico Lamanna; und er hatte wirklich recht, Perazzetti, wenn er davon sprach, daß er ihm nur wie durch ein Wunder lebend entkommen war. Er hatte sich auf Degen mit ihrem Bruder Lino Lamanna schlagen müssen. Und da Lino einer seiner besten Freunde war und er das Gefühl hatte, nichts, aber auch gar nichts gegen ihn zu haben, hatte er sich großzügig aufspießen lassen wie ein Huhn.
Dabei hatte es diesmal geschienen – und jeder hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt – daß die Hochzeit wirklich stattfinden würde. Signorina Ely Lamanna, die eine englische Erziehung genossen hatte – wie man auch am Vornahmen sehen konnte, war ehrlich, offen, ein solider Charakter, mit beiden Beinen auf der Erde stehend (sprich: sie trug amerikanische Schuhe); und so war es ihr ohne Zweifel gelungen, die übliche Katastrophe in Perazzettis Phantasie zu überstehen. Freilich, das eine oder andere Lachen war ihm entschlüpft, wenn er ihren Schwiegervater, den Commendatore, betrachtete, der auch im Umgang mit ihm stets in den Wolken schwebte und zu ihm manchmal mit dieser süßlichen Blumigkeit sprach… Aber damit hatte es sich auch schon. Er hatte der Braut den Grund seiner Lachanfälle in liebenswürdiger Form enthüllt, sie hatte mitgelacht, und nachdem diese Klippe umschifft war, glaubte sogar er, Perazzetti, daran, daß er diesmal endlich den ruhigen Hafen der Ehe erreichen würde (wie man so schön sagt). Die Schwiegermutter war ein braves altes Weiblein, bescheiden und schweigsam, und Lino, sein Schwager, schien wie gemacht dafür, in allem und jedem mit ihm übereinzustimmen.
Tatsächlich wurden Perazzetti und Lino Lamanna vom ersten Tag des Verlöbnisses an unzertrennlich. Mehr als mit der Braut konnte man sagen, daß Perazzetti mit seinem zukünftigen Schwager zusammen war: Ausflüge, Jagdpartien, gemeinsame Ausritte, gemeinsame Bootsausflüge auf dem Tiber mit dem Ruderklub.
Alles konnte er sich ausmalen, der arme Perazzetti, nur das nicht, daß dieses Mal die “Katastrophe” gerade durch diese allzu große Intimität im Umgang mit dem zukünftigen Schwager zustandekommen sollte, durch einen weiteren Streich, den ihm seine krankhafte und spöttische Phantasie spielen sollte.
Plötzlich begann er nämlich an seiner Verlobten eine beunruhigende Ähnlichkeit mit ihrem Bruder zu bemerken.
Das war in Livorno, wo er – natürlich mit den Lamannas – auf Badeferien gefahren war.
Perazzetti hatte Lino so oft im Badetrikot gesehen, im Ruderklub; nun sah er die Braut im Badekostüm. Er bemerkte sofort, daß Lino wirklich etwas Feminines an sich hatte, im Bau der Hüften.
Wie Perazzetti reagierte, als er diese Ähnlichkeit bemerkte? Der kalte Schweiß trat ihm auf die Stirne, er begann einen unüberwindlichen Abscheu vor dem Gedanken zu empfinden, mit Ely Lamanna, die ihrem Bruder so ähnlich war, in eheliche Intimitäten einzutreten. Sofort erschienen ihm diese Intimitäten als etwas Monströses, geradezu Widernatürliches, da er in seiner Braut ihren Bruder sah. Und bei der geringsten Liebkosung ihrer Hand begann er sich zu winden, unter den Blicken dieser bald aufstachelnden und fordernden, bald in dem Versprechen einer seufzenden Lust ermattenden Augen.
Konnte Perazzetti sie denn anschreien: “Ach Gott, hör doch auf, um Himmels willen! Lassen wir es sein! Ich kann der beste Freund Linos sein, weil ich ihn nicht heiraten muß, aber ich kann dich nicht mehr heiraten, weil ich das Gefühl hätte, deinen Bruder zu heiraten!”?
Die Folter, die Perazzetti diesmal auszustehen hatte, war bei weitem schlimmer als alle bisherigen. Es endete mit diesem Degenstoß, der ihn nur durch ein Wunder nicht ins Jenseits beförderte.
Und kaum war er von der Wunde genesen, fand er endlich das heldenhafte, unerhörte Mittel, das ihm den Weg der Heirat auf ewig versperren sollte.
Ja, wie denn – werdet ihr fragen – indem er heiratete?
Freilich! Filomena: die mit dem Hund. Indem er Filomena heiratete, diese arme Schwachsinnige, die jeden Abend auf der Straße zu sehen war, aufgeputzt mit schrecklichen, mit zerzaustem Gemüse beladenen Hüten, gezogen von einem schwarzen Pudel, der ihr nie die Zeit ließ, ihre schneidenden Lachanfälle vor den Polizisten, den Halbwüchsigen und den Soldaten zu Ende zu führen, weil er immer so große Eile hatte – der verdammte Hund – weiß Gott wo anzukommen, in irgend einem dunklen Winkel…
In der Kirche und auf dem Standesamt heiratete er sie; er las sie von der Straße auf, setzte ihr zwanzig Lire täglich als Kostgeld aus und schickte sie weit fort, aufs Land, mit dem Hund.
Die Freunde – das könnt ihr euch wohl denken – ließen ihm lange Zeit hindurch keine Ruhe. Aber Perazzetti war nun wirklich ruhig geworden, ganz ernsthaft, er schien gar nicht mehr er selbst zu sein.
“Ja”, sagte er und betrachtete seine Fingernägel. “Ich habe sie geheiratet. Aber das ist ja nichts Ernstes. Was das Schlafen betrifft, ich schlafe allein in meinem Haus. Was das Essen betrifft, ich esse allein in meinem Haus. Ich sehe sie nie. Sie stört mich nicht… Ihr sagt, es ist wegen des Namens? Na gut: ich habe ihr meinen Namen gegeben. Aber, Herrschaften, was ist schon ein Name? Das ist doch nichts Ernstes.”
Ernste Dinge im strengen Sinn gab es für Perazzetti nicht. Alles liegt an der Bedeutung, die man den Dingen zumißt. Eine überaus lächerliche Angelegenheit kann ganz und gar ernst werden, wenn man ihr Bedeutung zubilligt, und umgekehrt kann die ernsteste Angelegenheit sich plötzlich als lächerlich erweisen. Was könnte ernster sein als der Tod? Und doch, für so viele, die dem Tod keine Bedeutung zumessen…
Na gut; aber nach einiger Zeit wollten ihn die Freunde sehen! Wer weiß, wie er die Sache dann bereuen würde!
“Schöne Prophezeihung!” entgegnete Perazzetti. “Natürlich werde ich es bereuen! Ich beginne es ja jetzt schon zu bereuen…”
Als ihm dieser Satz entschlüpfte, fielen die Freunde laut ein: “Na! Siehst du?”
“Ach ihr Schafsköpfe!”, gab Perazzetti zurück. “Gerade dann, wenn ich es tatsächlich bereue, dann beginnt mein Heilmittel ja erst zu wirken, denn das bedeutet, daß ich mich wiederum verliebt habe, so sehr, daß ich von neuem dabei wäre, die größte, viehischste Dummheit zu begehen, die man begehen kann: mir eine Frau zu nehmen.
Chor: “Aber du hast doch schon eine genommen!”
Perazzetti: “Die? Ach hört mir auf! Das ist doch nichts Ernstes.”
Schlußfolgerung:
Perazzetti hatte geheiratet, um sich vor der Gefahr zu schützen, sich eine Frau zu nehmen.
© Michael Rössner.
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