Stimme von Giuseppe Tizza.
Hören Sie das Audio von Luigi Pirandellos Werken, gelesen von Giuseppe Tizza. Viel Spaß beim Zuhören.
Ein, kein, hunderttausend Ichs des Luigi Pirandello
Wer ist Pirandello? Eine der wenigen Konstanten in Pirandellos Werk besteht ja eben darin, die Idee einer einheitlichen, “wahren”, zu allen Zeiten gleichen Persönlichkeit radikal in Frage zu stellen, gerade auch, was das eigene Ich betrifft:
“Ach, Sie glauben, Konstruktion hätte nur mit Gebäuden zu tun? Ich konstruiere mich andauernd, und ich konstruiere Sie, und Sie tun dasselbe. Und die Konstruktion hält so lange, bis das Material unserer Gefühle zerbröckelt und der Zement unseres Willens zerfällt. […] Es genügt, daß der Wille ein wenig schwankt und sich die Gefühle in einem Punkt wandeln, ja auch nur geringfügig verändern, und dahin ist unsere Wirklichkeit!” ( Einer, keiner, hunderttausend, 1925)
Natürlich ist Pirandellos Literatur auch – wie die Anhänger der Postmoderne zustimmend meinen – Spiel, aber kein unbeschwertes, nicht eines, das man “aus Neugier” spielen kann, wie er selbst in den Riesen vom Berge schreibt. Es ist ein Taumelspiel (ilinx),das vom Leser verlangt, sich rückhaltlos darauf einzulassen, alle Sicherheiten, auch alle festen Überzeugungen in Frage zu stellen, selbst um den Preis des Leidens, den der Autor selbst immer wieder in seiner radikalen Skepsis auch gegenüber dem eigenen Denken gezahlt hat. Alles ist erlaubt, wenn man bereit ist, rückhaltlos ehrlich zu sich selbst zu sein, nur eines nicht: seine Wahrheit den anderen aufzuzwingen. Diese verblüffend einfache und doch so schwer einzuhaltende Minimalregel macht aus Pirandello, nicht nur einen der wichtigsten Autoren des zu Ende gegangenen Jahrhunderts, sondern vielleicht auch einen, der dem nächsten noch immer ein bißchen seinen Stempel aufprägen sollte.
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